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Mehr als 430 000 Wallfahrer erhielten lt. der Pilgerbehörde Oficina del Peregrino in diesem Jahr die begehrte Ankunftsurkunde in Santiago de Compostela, dem Zielort des Jakobsweges. Doch wer bei der Planung der eigenen Wanderung über den Jakobsweg auf eine Reise in's "Ich" träumt, um sein "Es" besser kennenzulernen und an die andächtige Religosität von Wallfahrtsorten wir Lourdes oder Fatima denkt, der wird sich in Santiago de Compostela sehr wundern, denn hier geht es zu wie auf einer Sportveranstaltung.
So groß ist die Erleichterung der Ankömmlinge, die Reise geschafft zu haben, dass Hüte und Pullover in die Luft fliegen und für's Firmenfoto posiert wird. Wir sehen und hören eine 30er-Gruppe mit gleichen T-Shirts synchronisiert, die laut und rhythmisch mit Stöcken auf die Starße schlagen, dass die Muscheln an ihren Rucksäcken nur so klappern. Und so wird den 96.000 Einwohnern von Santiago tagaus, tagein mitteilt: "Wir sind da!".
Da kommt selbst der Dudelsackspieler nicht gegen an, der sich sowieso darüber ärgert, dass einer der Pilger partout mit ihm zusammen spielen will, während er an die für's Abendbrot noch notwendigen Einnahmen denkt.
Doch sollte man sich von dem Rummel nicht von der mächtigen Kathedrale mit ihrem prächtigen Hochaltar ablenken lassen, in der es allerdings auch ziemlich touristisch und eher wenig andächtig zugeht. Was wohl der heilige Jakob in seiner Krypta darüber denkt, dessen Grab zwischen 818 und 834 auf Grund einer Lichterscheinung (Camopstela => Campus stellae => Sternenfeld) in Santiago (Sanctus Jakobus => heiliger Jakob) entdeckt wurde? Vielleicht fühlt er sich aber gerade in Jerusalem wohl, denn bis heute beansprucht die Jakobskathedrale in Jerusalem, im Besitz seines Schädels zu sein. Möglich wäre es, wurde doch Jakob der Ältere nach seiner Rückkehr in Palästina auf Befehl des Königs Herodes Agrippa I. im Jahre 44 n.Chr. enthauptet. Viele Legenden ranken sich um die Heiligen und Seligen der christlichen Glaubensgemeinschaften und da wir uns in Santiago schließlich an einem Ort des Glaubens befinden, wollen wir erst gar nicht anfangen zu zweifeln, auch wenn die Idee eines Jakobsweges, der Jerusalem mit Santiago de Compostela verbindet, recht verlockend erscheint.
Wären wir nach Santiago de Compostela gepilgert, wären wir vermutlich enttäuscht gewesen. Aber da dieser beeindruckende Pilgerort auf unserer Tour durch die Westländer per E-PKW lag und wir hier eher touristisch unterwegs waren, hat uns die schöne Altstadt und die prächtige Kathedrale doch in den Bann gezogen.